The struggle for luck – ein Glücksspiel mit Würfeln oder doch eher “Russisch Roulette”? Wir haben nicht die Wahl, aber wir entscheiden doch alle!

Wie ist das mit dem Glück?

Ist es greifbar? Verdienbar? Gar käuflich?

Wenn man sich nur hart genug anstrengt, gut und bescheiden mit seinen Wünschen lebt und im richtigen Moment die richtige Entscheidung fällt, winkt einem das eine, große, innere und äußere Lebensglück, unken Lifestylemagazine und Lebenswegratgeber. Wenn man hart genug an sich arbeitet, sich in der Wohlstandsleiter Treppenstufe für Treppenstufe nach oben ackert und schließlich – natürlich nur vom Faktor der eigenen Arbeitsbereitschaft beeinflusst- “oben” ankommt und nennenswerten Wohlstand hat, ist man angekommen. Man hat ausgesorgt, man ist glücklich. So erzählt es das Lied des Kapitalismus- des Glaubensgerüsts unserer Gesellschaft.

Und es scheint auch, als gäbe es dann für jene, die sich nur richtig anstellen, die ewige Sonne, die aus Ihnen heraus und auf sie herunterscheint. Und sie scheint immerdar. Und sie scheint gerecht- nur denen, die es sich verdient oder zumindest die richtige, bescheidene Einstellung zum Glück haben, ihr Glück im Kleinen suchen, wenn schon nicht in der Lebensführung (als Leiharbeiter*in findet sich das Glück schlecht in der Lebensführung), dann in den kleinen, bescheidenen Situationen am Rande des Alltags. So verheißen es esoterische Ratgeber: Bescheide dich und du wirst glücklich.

Das erscheint richtig und grundfalsch zugleich.

Richtig, weil man immer tausende Menschen finden kann, denen es noch schlechter geht, die im Dreck leben, vielleicht totkrank sind, nicht wissen, woher sie die nächste Mahlzeit bekommen sollen,… und weil es vielen Menschen hierzulande, verglichen mit einer solchen Perspektive, wahrscheinlich sogar sehr gut geht und sie sich, auch in den beschissenen Bedingungen der Leiharbeit (um bei unserem Beispiel zu bleiben), wahrscheinlich sogar glücklich schätzen können, auch wenn es sich oft nicht nach Glück anfühlen mag.

Falsch erscheint dieser Rat zur inneren Bescheidenheit auf Winzigkeiten im Hier und Jetzt jedoch gleichzeitig wegen der Perspektive, die er benutzt. Mit Sicherheit machen kleine Momente Freude und allzu oft geraten genau diese unter die Räder in der Hetze des Alltags. Es ist gut, an die Schönheit des Kleinen erinnert zu werden. Jedoch suggerieren diese Arten von Glücksratgebern, dass es nur an der eigenen Einstellung liegt, wenn man kein freudvolles, glückliches Leben hat.

Dies ist ähnlich bei der verbreiteten Mär des Kapitalismus, dass jede*r, der sich anstrengt, es zu “etwas” bringen kann – und damit glücklich werden kann. Sich “Glück” im Sinne von “Lifestyle”, Urlauben, high-society-comfort, gar kaufen könnte.

Es impliziert damit im Kern genau den Schluss, dass, wer es “hier” zu nichts gebracht hat, nicht erfolgreich, glücklich und im Wohlstand gelandet ist, selber Schuld hat. Das Glück liege schließlich in der eigenen Hand, wenn du abgehängt wurdest und unglücklich mit deinem Leben bist – selber Schuld!

Das ist nicht nur schlicht und ergreifend falsch, es ist anmaßend! Zum “glücklichen Leben” gehören mit Sicherheit eine gewisse Grundversorgung der Bedürfnisse, Raum und Zeit zur Selbstverwirklichung, die Möglichkeit, selbstwirksam zu handeln. All diese Faktoren sind im Kapitalismus nicht abhängig von Anstrengung oder”wie sehr man sich bemüht”, sondern von zahlreichen gegebenen Parametern, wie die (familiäre) Herkunft, den Wohlstand der Eltern, einem gewissen Rahmen der finanziellen Sicherheit… Wenn Du arm bist, kannst du nicht auf deine Selbstverwirklichung durch Abitur und Studium hoffen, du wirst zusehen müssen, dass du arbeiten gehst und nach der 10. Klasse spätestens irgendwie Geld verdienen müssen. Wenn deine Eltern beispielsweise aus Pakistan kommen, kannst du noch so intellektuell begnadet und auch bemüht sein, wahrscheinlich wirst du erschwerten Zugang zu Bildung haben, mit verschiedensten Formen der Ausgrenzung und Zurücksetzung auch durch Lehrer konfrontiert und mit aller Wahrscheinlichkeit (solltest du überhaupt einen Ausbildungsplatz bekommen) innerhalb einiger Jahre, vielleicht mitten in der Lehre, abgeschoben. Selbst wenn du das nicht wirst, so kannst du dir sicher sein, dass schon das finden einer eigenen Wohnung jenseits der Geflüchtetenunterkunft ein Spießroutenlauf wird, wo dir deutlich klar gemacht wird, dass du, ganz gleich ob intelligent und sehr bemüht, mit deiner Herkunft ein Mensch zweiter Klasse bist, für den so etwas basales wie ein eigenes Dach über dem Kopf mit etwas Privatsphäre nicht selbstverständlich zu erreichen ist. Genauso wenig selbstverständlich wie das erreichen höherer Posten in der Erwerbstätigkeit. Tja. Es gibt eben “gute und schlechte Herkunftsländer” in diesem System.

Wenn du schlicht und ergreifend nicht in der Art und Weise intelligent bist, wue es in diesem System verlangt wird, kannst du es noch so sehr wollen und dich darum bemühen; du wirst das Abi wahrscheinlich nicht schaffen und fortan gehörst du schon nicht mehr zur Elite dieses Systems. Du  musst im Durchschnitt mehr harte Arbeit für weniger Geld leisten, wirst wahrscheinlich den Grad an Wohlstand, wie er verheißen wurde nicht erreichen oder sehr viel weniger Lebenszeit für Freizeit und Selbstverwirklichung übrig haben neben deinen ungezählten Arbeitsstunden. Deinen Spaß und dein Glück musst du dann in den paar Stunden des wöchentlichen Feierabends und am Wochenende suchen, währenddessen du wahrscheinlich zu müde bist für großartig mehr als Schlaf, Nahrungsaufnahme, Selbstreproduktion.

All diese genannten Beispiele sind Menschen, die nicht zur goldenen Gruppe der Gesellschaft gehören werden. Nicht, weil sie weniger wert oder schlechter sind. Einfach, weil das System lügt, wenn es verheißt, dass jede*r, der es nur will und genügend dafür ackert und schuftet, ganz oben ankommen könne. Vom Tellerwäscher zum Millionär schaffen es oft nur die Persona in den Filmen Hollywoods.

Auch wenn du Akademiker*in bist, ist dein Tag vermutlich von früh bis spät mit Arbeit gefüllt. Du wirst mit Sicherheit mehr verdienen, hast aber ebenso wenig Freizeit, um deine Lebenszeit in persönliche Wünsche und Ziele zu “investieren”.  Du kannst dir sicher teureres Mobiliar leisten, die Urlaube sind vielleicht etwas exklusiver, gehobener. Die wenige verbleibende Freizeit bleibt dieselbe. Deine Selbstverwirklichung, dein Glück, eingeklemmt zwischen Alltagsstress im Kalender. Es ist nicht leicht, in diesen kurzen Pausen zu sich zu finden und die sonnige Mitte für sich auszuloten.

Es wird an den Beispielen recht offenbar, dass es so nicht geht. Dass es nicht an dem Wollen und Streben der*des einzelnen liegt, ob ein glücklicher Zustand mit sich und für sich erreicht wird. Das wäre so anmaßend und verkürzt. Denn es ist nuneinmal so: für einen glücklichen Zustand braucht es einen gewissen Wohlstand zur Versorgung des eigenen Körpers und erfüllung wenigstens basaler Wünsche. Und ob man in dieser Gesellschaft halbwegs wohlhabend ist, hängt von so vielen Faktoren ab, die nicht in unserer Hand liegen: Genetik (IQ, Krankheitsprädispositionen), Herkunft (biodeutsch, “gutes” Ausland (z.B. USA), “schlechtes” Ausland (Afghanistan oder auch nur Balkanstaaten)), finanzieller Background und Support der Eltern… Nur ein einziger Faktor davon bezeichnet das Bemühen. Jede*r, der*die erzählt, es hinge nur von der Willenskraft und vom Fleiß ab, ob man etwas erreicht im Leben, verteilt Schläge in die Gesichter tausender unverschuldet arm lebender Menschen.

Des weiteren wird man wohl feststellen, dass auch Wohlstand kein Garant für Glück ist, man Glück eben nicht kaufen kann, nur Comfort.

Ein edleres Möbelstück mag zwar schicker sein, eine besondere Reise exklusiver. Jedoch bleibt ein Stuhl ein Stuhl und ein Urlaub auch nur das bisschen Freizeit, dass Dir bleibt, während du den Rest deiner Lebenszeit verrauchst in absurden Formen der Lohnarbeit. Und im Angesicht des Stresslevels, das heute in vielen Unternehmen herrscht, ist es wahrscheinlich, dass auch der exklusiveste Urlaub einen nicht so richtig vom Stress ablenken kann, den man nicht wirklich da lassen kann, wo man damit konfrontriert wird (auf der Arbeit) und ihn stattdessen auch an die exotischsten Orte mitträgt, kaum mehr in der Lage, diese zu genießen und von all dem Stress abzuschalten. Gerade in akademischen Tätigkeiten mit viel Denkleistungserfordernissen scheint dies ein vorherrschendes Phänomen zu sein.

Man kann sein Geld, seinen Wohlstand auch nicht nutzen, wenn man im Austausch dafür ständig arbeiten muss, keine längere Freiphase für sich bekommen kann, aus Angst, die Arbeit und damit auch den Lebensstandard zu verlieren. Angst an sich ist auch eines der zentralen Triebwerke dieser Lohnverhältnisse, in denen Menschen sehr häufig ohne angemessenen Urlaub und mit zu hohen Überstunden ihren Alltag, ihre Lebenszeit verbringen, jedoch nicht auf ihre Rechte auf Auszeit pochen, aus Angst, die Arbeit zu verlieren. Wer Angst empfindet, kann gleichzeitig kaum Glück empfinden. Und man kann nicht zur Ruhe kommen, ohne den Freiraum, die FreiZEIT dafür. Und ohne diese Ruhe gibt es kein inneres Gleichgewicht, keinen Frieden im Inneren. Statt der fehlenden Zeit bleibt wenigstens ein Mehr an Geld nach all den Stunden auf Arbeit und es wird oft und immer öfter in Blingbling umgesetzt. Einem Mangel an Ruhe und Frieden im Inneren steht ein außen mit Blingbling gegenüber, was aber auch nicht tiefschürfend beglückt. Es erzeugt vielleicht kurze Befriedigung beim Kauf, der fast schon notwendig erscheint nach all der Zeit, die man mit der Lohnarbeit zubringt. “Für irgendwas muss es sich ja lohnen!”, ist eine so verständliche Einstellung. Das ist Befriedigungskonsum, aber Glück mitnichten. Für Glück braucht es kein Blingbling. Das ganze Blingbling scheint ab einem gewissen Grade sogar hinderlich zu sein (ab dem Grad, ab dem die Grundbedürfnisse gut gedeckt sind). Es blinkert und schillert außen und innen ist man ganz hohl, da das Leben aus Arbeit und Umsatz des Lohns in Greifbares besteht, bei gleichzeitigem Verlust an Zeit und Ruhe für das Innere, Friedliche.

Was jedoch wenn man sich einfach die Zeit nimmt, die man braucht, um auf Bedürfnisse und inneren Frieden zu achten? Dann hat man ganz schnell einen Verlust des Arbeitsplatzes zu befürchten. Und mit der Arbeit fehlt es an so vielen Mitteln für die Befriedigung der Grundbedürfnisse. Es gibt dann keine Mittel für Horizonterweiterung durch einen Urlaub oder das Erlernen eines Instruments, auch wenn man dann endlich die Zeit hätte, es zu lernen. Es reicht dann meist nicht einmal für ein gutes, gesundes Essen. Und beispielsweise Kosmetikprodukte ohne Tierversuche. Es ist nahezu unmöglich, dann im Positiven mit sich und der Welt zu konsumieren, es bleiben viele Wünsche und wenig Erfülltes dabei. Auch das klingt nicht nach Raum und Mitteln zur Selbstverwirklichung. Auch das klingt nicht nach Glücksgefühl im Alltag.

Es ist also offenbar ein strukturelles Problem, dieser unserer westlichen Gesellschaft, dass ein Zustand von Gleichgewicht und Glück nicht so ohne Weiteres für den*die Einzelne*n zu erreichen ist: Es scheint immer ein Zuviel und Zuwenig: Zuviel Arbeit, zu wenig Lebenszeit an Freizeit. Oder aber Freizeit, jedoch zu wenig Mittel für selbstbestimmtes Leben.

Davon abgesehen, gilt diese Situation nur für den kleinen Ausschnitt unserer westlichen Gesellschaft (wenn überhaupt), während dieser gesamte Wohlstand und die damit verbundene relative Lebensqualität des Westens auf dem Rücken von wahrhaftigem Elend von millionen Menschen in modernen Handelskolonien (den sogenannten Entwicklungsstaaten) aufgebaut ist.

Möchte das Märchen des “Glücks durch eigene Hand” diesen hart arbeitenden, dennoch in bitterer Armut lebenden Menschen wirklcih bescheinigen, dass sie selber schuld sind, wenn sie nicht glücklich sind? Menschenn, die genau deshalb in so schrecklicher Lage sind, weil auf dem globalen Markt immer noch günstigere Produktionsstandorte gesucht werden, damit mehr Profit beim Absatz im wohlhabenden Westen entsteht. Ein Hohn.

Näherinnen für Adidas in Bangladesh mit 16 Stunden täglicher Arbeitszeit (sieben Tage die Woche) OHNE Pause, nicht mal für die Toilette, sodass Blasen-und Nierenentzündungen sozusagen zum Geschäft gehören, standard sind bei den Näherinnen. Und das für einen Hungerlohn. Ist das wirklich ihr Problem, wenn die unglücklich sind?

Kinder, die in Indien in Erdlöchern nach bestimmtem Glitter für teure, westliche L’Oréal-Produkte zehn Stunden in Dunkelheit verbringen und dabei nicht selten sterben oder ihre Freunde sterben sehen. Ist das wirklich ihre Schuld, wenn sie es nicht geschafft haben?

Lüge!!! Es ist eben kein individuelles Problem, sondern eine “Komorbidität dieser Gesellschaft”: Unglückliche Lebensverläufe und das Fehlen von Frieden, Glück und allzu oft wenigstens befriedigten Grundbedürfnissen. Es ist im Kleinen wie im Großen direkte Auswirkung dieser Gesellschaftsstruktur. Und es ist sogar in dem Sinne erwünscht: Denn würden nicht so unglaublich viele Menschen ihre Lebenszeit in Abhängigkeit in prekären Lohnverhältnissen bei harter Arbeit verbringen, gäbe es nicht soviel Profit für die schmale Spitze der kapitalistischen Götterwelt. Und damit die breite Masse sich auch weiter abstrampelt für ‘nen Appel und ‘n Ei oder auch drei Äppel und drei Eier, jedoch ohne wirklich was davon zu haben, weil ihnen keine Lebenszeit mehr zum Genießen bleibt, wird allen die Mär vom selbstgemachten Glück erzählt. Jeder könne hier alles schaffen, er müsse sich nur bemühen. Vom ganz großen Kuchen für die ganz oben abhaben, er müsse es nur wirklich, wirklich wollen und hart genug dafür arbeiten. Und los geht das Wettrennen. Um den Kuchen, auch gegeneinander wenn es sein muss. Der Tisch, an dem die Leute vom goldenen Kuchen essen können, ist klein. Viel Platz für alle ist da ja nicht, also Ellenbogen raus.

Viele schaffen es nicht mal an den Start. Zahllose bleiben beim Rennen auf der Strecke und es werden stetig mehr. Es ist ein erwiesener Fakt: Im Spätkapitalismus schrumpft der sogenannte Mittelstand fortwährend, bei gleichzeitigem Wachsen der sogenannten Unterschicht. Und diejenigen, die stetig weiterstrampeln, fleißig, halb aus Glaube an die Mär, halb aus Angst vor dem Fall in die “Unterschicht”, merken gar nicht, wie der Stress ihnen Leben und Gesundheit raubt und ihnen die besten Jahre, ihre Lebenszeit, zwischen den Fingern zerrinnt. Und selbst, wenn sie es merken, es gibt immer ein Unten in das man nicht fallen will… Angst treibt sie weiter. Und so schnell ist ein Leben um, vielleicht hat man sein gesamtes Leben lang gearbeitet und am Ende winkt- trotz anderer Versprechen- die Altersarmut. Wie zynisch klingt da noch diese Vision, ein*e jede*r sei hier seines Glückes Schmied?!? Oder für sein Unglück selbst verantwortlich!? Es ist systemimmament, das Viele durch ein Leben in Arbeit UND Elend den exorbitanten Wohlstand Weniger verdienen. Und je höher man im Treppchen steigt, desto eher darf man ein bisschen davon abbekommen. Das ist die Belohnung, die winkt. Und wirkt. Genauso wie die Angst vor dem Unten. Eines von beidem wirkt immer, zusammen mit der Lüge von der Leiter des Glücks führt das dazu, dass sich viele Menschen in ein ewiges Hamsterrad begeben – und beim endlosen Weitterrennen treiben sie selbst die Räder an, die dieses System am Laufen halten. So lange immernoch genug Menschen mitrennen auf der Jagd nach Wohlstand und Glück, so lange immer noch genug Menschen auch in den prekärsten Verhältnissen arbeiten, so lange gibt es ein Gefälle an Macht und Wohlstand (denn nur, wer billige Arbeitskräfte findet, kann auch mit soviel Profit für wenige, ausbeuterisch, produzieren). So lange gibt es ein Unten und die Angst, da hinein zu fallen. Und ein Oben, für das es sich das Rennen zu lohnen scheint, das Rennen im Hamsterrad, ein Leben lang.Wir selbst sind dabei gleichzeitig der Stoff, der verheizt wird und das Feuer.

Aber wir sind auch gleichzeitig der Tropfen und das Meer in Bezug auf unser Konsumverhalten. Wir wollen / müssen günstig kaufen. Dabei denken wir, dass dieses Konsumverhalten eines Einzelnen ja wohl nicht ins Gewicht fallen wird. Was könne ein einzelner Tropfen schon ausrichten, wenn das Meer in eine andere Richtung treibt?! Es gibt aber keine günstige Ware.  Es gibt nur die Produkte, die ihren Preis an Herstellungsenergie und Arbeitsaufwand einfach mal kosten. Wenn sie dann sehr günstig sind, zahlt den Preis einfach jemand anderes für uns, zum Beispiel die Näherin aus Bangladesh, wenn wir ein billiges T-Shirt bei Kick erwerben.

Auch möglich ist dieser hoch bezahlte Preis durch andere bei sogenannten Markenprodukten. Möglich, dass wir das Geld zur Verfügung haben, es uns leisten können, mehr für Kleidung auszugeben, als es ein Markt wie Kick verlangt. Wenn wir dann auf den Kauf eines Statussymbols aus sind, welches im Kapitalismus gehiped wird und als angesehen gilt, also das Belohnungssystem aktiviert, wenn wir es erwerben, weil wir unseren Status aufwerten können, werden wir vielleicht was von “Namen” erwerben. Dann bezahlen wir also viel Geld für etwas, für dessen Produktion die Näherin genau so einen Hungerlohn erhält, allerdings wird mehr Profit abgeschöpft für das Krönchen der oberen 10000 der Global-Players-Eigner.

Von unserem sauer verdienten Geld treiben wir so auch mit Konsum die Räder weiter an, die die Welt in ein Oben und Unten teilen und damit Lebensverläufe fremdbestimmt festlegen- in der unglaublichen Mehrheit der Fälle zu ihrem Unglück. Wir wähnen uns als Tropfen in einem riesigen Meer an Menschen zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung. Und doch sind wir im Sinne der Einfältigkeit, mit der wir als Tropfen unsere Macht durch Konsum unterschätzen fast alle gleich in unsererer Kaufwahl und damit ein Meer an Wirksamkeit im fortwährenden Antrieb der Räder, die den einzelnen im System doch so machtlos machen.

So ist Glück und Unglück am Ende nur in ganz geringem Maße frei wählbar, ein Maß, was dennoch nicht machtlos ist!: In der bewussten Entscheidung mit dem bisschen Freiheit, die uns geblieben ist- der Konsumfreiheit- nicht das zu unterstützen, was die Räder noch antreibt, unter die andere dann geraten. Und in der bewussten Emppfindung von Demut und Dankbarkeit. Demut gegenüber denjenigen, die nach “unten” gerieten und -auch viel zu selten!- einer guten Tat an Ihnen und dem Wissen, dass es nicht ihre Schuld ist, dass sie ein ungleich ärmeres Leben führen. Und ja: auch Dankbarkeit dafür, dass man offenbar auf der erträglicheren Seite des Lebens gelandet ist. Warum  sollte diese zu Glück führen? Nun, so oft wird Glück mit “Etwas bekommen” gleichgesetzt- was wiederum sehr verständlich ist in der Konsumgesellschaft, in der wir aufwuchsen und leben. Viel subtiler und unbemerkter, dabei so gewichtig ist jedoch das Glück durch die Abwesenheit von Übeln. Die Abwesenheit von Krieg, Krankheit, von misslichen körperlichen Zuständen, gegeben etwa durch ein warmes Bett, eine warme Mahlzeit, Trinkwasser in ausreichenden Mengen, und die Möglichkeit, ohne Angst vor Angriffen oder Übergriffen schlafen zu können. Die Abwesenheit von Folter und Peinigung, von Mobbing und Diskriminierung,… Man merkt bei so vielem erst, was darin für ein Glück lag, wenn man plötzlich den sich daraus ergebenen, friedlich glücklichen Zustand nicht mehr hat; von Krieg, Krankheit und Entbehrung geplagt ist.

Doch auch wenn Glück auch bei uns begrenzt ist durch so viele gesellschaftliche Zustände, ist es dennoch nicht zwangsläufig begrenzt in der empfundenen Qualität. Es kann auch mit wenig viel Glück in einem entstehen. Nicht, weil wir Ratgeber kaufen und Realität ignorieren und verschleiern. Oder ewig weiterhasten ohne Ruhe und Frieden. Sondern trotz Erkennens der Ungereimt- und Unfreiheiten; vielleicht sogar als ersten Schritt in eine bessere Welt, wie ein Lächeln, wie ein “Trotzdem!” im Inneren seiner selbst.

Und was diesem “Trotzdem!” innewohnt, ist größer als die Idee des privaten Glücks, das einem durch Ratgeber versprochen wird. Es ist größer und wichtiger, da es weniger vereinzelt. Denn es ist die Zuversicht, dass ein besseres, glücklicheres Miteinander möglich ist- für Alle! Und das Niemalsaufhören, sich darum zu bemühen, in welcher Form auch immer, ist Glück und Versprechen dafür zugleich.

 

————————————————————————————————————————————————> Nachtrag. Ich persönlich finde – und das ist durchaus validiert in meinem Leben bisher- dass es am meisten Glück verspricht und bringt, wenn man nicht darauf wartet, dass es zu einem findet, in welcher Form auch immer, sondern wenn man es selber gibt. Wenn man anderen Glück bereitet, die vielleicht gerade in einer nicht so “glücklichen” Lebensposition sind, kann das mindestens kleine, warme innere Freuden spenden, die sich in beiden wohlig ausbreiten; wenn nicht gar zu lang anhaltendem täglichen Glück führen. Auch in zwischenmenschlichen Beziehungen habe ich das Gefühl, dass die Erwartungshaltung an den anderen, er solle das ganze Glück für einen bedeuten, einen, ja beide, nur unglücklich werden lassen kann. Selber das Glück sein und schenken, selber das Glück im Miteinander basteln und wissen, dass auch bei einem die Verantwortung zu diesem gemeinsamen Glück liegt… das entlastet den anderen um den Druck der Erwartung durch die Glückserfüllung und es macht viel mehr Spaß und hat mit Sicherheit mehr Bestand. Weil es unglaublich viel zurück gibt, wenn man selbst Glück für den Anderen schafft, weil es wahrscheinlich eine wesentliche Zutat für Liebe scheint, diese vor allen Dingen zu geben und weil das Wir dann gemeinsam erbaut länger hält, wenn beide daran basteln und damit auch glauben. Geben und Glück haben vieles gemeinsam, gehen mit Sicherheit zumindest Hand in Hand. Das ist zwar ganz anders, als es einem in dieser Gesellschaft anerzogen wird, aber so vieles, was in dieser Gesellschaft anerzogen wird, bringt vor allen Dingen unglückliche Individuen hervor, und dagegen zu kämpfen ist so wichtig.

So wird durch das kleine und große Geben von Materiellem und vor allem Nichtmateriellem unser Miteinander und auch das gesamte Miteinander mit Sicherheit um Welten wärmer. Und das kann nur gut sein: Für die Beteiligten in dem Moment und für die Gesellschaft als Ganzes mit Sicherheit auch.