# was ist blos mit den Leuten los???

Eins.

Ich laufe in einem Wald- und Auslaufgebiet nahe meiner Wohnstätte mit meinen Hunden durch’s Grüne. Es gibt zu sehen: Frisches, junges Grün, meist in Form von Buchen mit schimmernden, silbernen Stämmen wie Elefantenbeine und viel, viel Knoblauchsrauke. Wir stapfen so dahin, meine beiden alten Hunde, unser kleiner Gasthund für heute und meine Wenigkeit. Uns kommt auf einem Trampelpfad, der direkt neben einem großen, breiten Weg verläuft, eine Joggerin entgegen. Zwei Dobermänner in neonfarbenen – ich nenn es mal- “Sportanzügen” werden an der Leine mitgeschliffen. Es ist offensichtlich, dass zumindest der linke der beiden Hunde freundliches Interesse zeigt. Noch bevor jedoch irgendetwas Positives passieren kann, schreit mir die Frau mit ihrer Wasserstofffrisur zu: “Nehmen Sie die Hunde ran, wir sind im Sport!” “Okay, alles klar, Moment.”, lautet meine Antwort. Ich lächle unsicher und rufe meine Hunde zu mir. Alle drei kommen sofort und wir wollen ein Stück zurück gehen, um auf dem Weg neben dem breiten Weg auch noch Platz zu machen. Sie läuft aber immer weiter auf uns zu, der Gasthund indes ist unsicher bei Fronttalannäherung und bellt eifrig. In dem Moment, in dem ich ihn ablenken möchte, entwischt er mir und tippelt drei Schritte auf die Joggerin zu. Diese ist gerade jetzt auch noch in ihrem unbeirrbaren Schritt auf gleicher Höhe, etwa zwei Meter weg. Der äußere, linke Dobermann wedelt freundlich, mein alter Rüde auch und macht einen Schritt hinter den interessierten Dobermann her, um ein begrüßendes Beschnuppern einzuleiten, während ich immernoch versuche, den Gasthund einzusammeln oder irgendwie zu reagieren, wie gewünscht, was in der Kürze der Sekunden einfach nicht möglich war und mit drei Hunden im Auslaufwald auch einfach nicht vermutet, dass so eine -ich sage mal “Challange” ohne Geduld und Ausweichen- da überhaupt aufkommen würde. Da dreht sich die Frau fluchend um, tritt meinem alten Hund voll ins Gesicht, brüllt ihn an, er soll sich verpissen während er jault und mit eingezogener Rute zurückweicht. Dann in militantem Tonfall zu mir, immernoch brüllend:” Ich hatte ranmachen gesagt!” Ich bin wie benommen und binnen einiger Millisekunden höre ich mich sagen:”Dann bitte geben Sie mir doch einen Moment zum Reagieren!” Noch bevor ich mich überhaupt besinne, was mir da widerfahren ist, dass hier gerade jemand total übergriffig und sogar gewalttätig war, ist die Frau fluchend und joggend verschwunden.

 

 

Zwei

Ich laufe mit einer Freundin durch die Speckgürtelsiedlung von Berlin, durch die ich muss, um dahin zu kommen, was sich im Moment mein Zuhause nennt. Ich schreibe das deshalb so, weil das Laufen durch Speckgürtelvorstädte wirklich keine angenehmen Gefühle in mir weckt. Es hat all die Spießigkeit einer imaginären Kleinstadt im tiefsten Schwaben, es hat die Fülle an Menschen, die es in den Städten auch gibt, so dass die Weite einer dörflichen Idylle niemals aufkommt, da ständig BMWs und andere dicke Autos an einem vorbei- und um einen herumfahren. Es hat bei einer solchen Dichte an Menschen aber gleichzeitig nicht die Anonymität wie in Großstädten, wo jeder dann doch irgendwie seine Privatsphäre hat oder findet durch das Verschwinden im Gewusel des ganz großen Getümmels. So ist das nicht in Speckgürteln. Hier wird auf das Gegenüber geguckt, ja eher geäugt. Es wird bewertet, besser gewusst und kategorisiert. Es werden Gärten ordentlich gehalten und die Rasenkanten mit der Schere geschnitten. Es wird genau gewusst, wer nicht angepasst ist. Denn das ist das Dritte unangenehme an Vororten: Es sammeln sich dort nicht einfach Menschen. Es sammeln sich dort -mit Ausnahme Altanwohnender- Menschen gehobenen Einkommens mit genauer Vorstellung der Weltordnung (weiß; er geht arbeiten, sie halbtags und Kinder) und der Gartenordnung (alles schön gerade, zu den saisonalen Highlights wird geschmückt, als gäbe es dafür einen Oskar). Ein Haus sieht aus wie das andere, ein Garten wie der andere, ein Auto wie das andere, ein Mensch wie der Andere. Und die Lebensläufe auch. Noch ein Versicherungsvertreter. Guten Tag.

Wenn man durch so einen Ort fährt und man hat zufällig nicht das Kennzeichen von dort, sich aber dreister Weise wagt, dort an den dafür vorgesehenen Stellen zu parken, dann kann es schon passieren, dass die “besorgten Bürger” von nebenan das geparkte Auto meiner Freunde fotografieren oder die Polizei rufen, weil sie der Meinung sind “Die gehören nicht hierher”. Alles schon passiert. Irgendwie mehr erschreckend als lustig.

Aber zurück zur geschilderten Situation. Ich laufe mit einer Freundin durch die identischen Häuserreihen eben jenes Vorortes, der aussieht, wie eine Albtraumwelt aus Playmobil. Wir haben ein Fahrrad dabei und zwei alte Hunde. Meine Hündin ist angeleint, der alte Rüde nicht. Ich bin Hundetrainerin und muss die Hunde nach Gesetz nicht anleinen, um etwailigem Rechtsgepöbel an dieser Stelle vorzubeugen. Während wir so laufen, treffen wir auf eine alte Frau mit einem kläffenden Scotsch Terrier an der Leine. Mein Hund schnuppert an einem Busch, sichtlich bewegt von der olfaktorischen Welt darin, meine Hündin tippelt langhin mit uns. Die Frau ruft mit gnaziger Stimme “Nehmen Sie ihren Köter ran!”. Ich gucke sie fragend an, weil mein Hund nicht mal in ihrer Nähe ist und auch sonst keine rechtliche wie persönliche Notwendigkeit besteht, mich ihrem spontan geäußerten -ich nenne es mal “Wunsch”- zu unterwerfen. Ich sage freundlich “Das ist nicht nötig, der hört sehr gut und ist zu dem absolut umgänglich”. Währenddessen ergab das Lesen des Busches für meinen Rüden keine größeren Neuigkeiten mehr und er tippelte in etwa vier Meter Entfernung von der Frau, um sie und ihren kläffenden Hund einen Bogen machend, vorbei und trottete seines Weges. In dem Moment schreit die Frau aggressiv auf: “Nehmen Sie sofort ihren Köter ran oder ich sprühe ihn mit Pfefferspray voll!”

?????What.The.Fuck.?

 

Drei.

to be continued.